Mittwoch, 12. April 2017

Ne Angel, ne Angel!!!!

Seit Jahren nervt mich Liebling schon: "Ich will ne Angel! Alle haben eine Angel, nur ich nicht!"

Dass er angeln pervers und Fisch mit Kopf eklig findet, deswegen auf keinen Fischmarkt gehen kann, dass er keinen Fisch töten, geschweige denn ausnehmen könnte - Nebensächlichkeiten!

Seit gestern stehen wir mit Wombl auf den Felsen in Torrevieja. 


Um uns herum ein Angler neben dem anderen. Und Lieblings Gequengel wird minütlich lauter. Dass in der Dunkelheit Leute mit Angeln und Taschenlampen kommen, lässt ihn beinahe nicht mehr schlafen. Aber erst die Taucher, die mit Harpunen und großen Unterwasserleuchten ins stockdunkle Meer steigen, lassen ihn endgültig ausflippen: „Morgen früh kaufe ich mir ne Angel!“



Unerheblich zu erwähnen, dass er vom Angeln ungefähr so viel Ahnung hat, wie ne Kuh vom Seiltanzen.

Und so kann es ihm heute früh nicht schnell genug gehen: aufstehen, frühstücken, Fahrräder ausladen und los geht die Suche. Torrevieja ist recht groß, hat einen kilometerlangen Strand, gesäumt mit Bars, Restaurants und Geschäften. Nur ne Angel findet er nirgends. Schuhe, Hosen, T-Shirt, Kabelbinder, Klebeband, Parfüm – so langsam werden unsre Körbe voll und immer noch weit und breit keine Angel. Auch ne kleine Kaffeepause bremst seinen Eifer nicht. 


Wir bummeln über den Markt, sehen Klamotten, Elektronik, Schmuck, Tischdecken, Schuhe, Schnitzereien, Handtaschen – nur keine Angel. 

Im fünften Asia-Markt wird er endlich fündig! Dafür, dass er keine Ahnung hat, braucht er ganz schön viel Zubehör. Bleikugeln, Vierfachhaken, Schwimmer – was fängt er nur mit dem ganzen Zeugs an…

Jetzt hat Liebling endlich ne Angel! 


Darauf muss er aber erst mal was essen. Wir sitzen kaum in einem Straßenrestaurant, als eine Familie vorbei läuft,  von denen einer der Söhne eine Angel trägt. Sofort hält er ihn an und lässt sich diese zeigen und erklären. Die Verständigung funktioniert mit Händen und Füßen, ob dies Liebling aber weiter bringt, wage ich zu bezweifeln.

Die Hauptsache ist jedoch: Liebling hat jetzt ne Angel.

Kaum sind wir wieder bei Wombl, werden die Schätze ausgepackt. Jeder einzelne Haken landet erst mal in einem Finger und zwischen „aua!“ und „nee!“ grübelt er darüber nach, wie jetzt wohl die Angel zusammen gebaut wird, wo die Kurbel hinkommt, wie er die Angelschnur einfädelt und den Haken fixiert. Bleikugeln purzeln ins Womo und ich hole ein Pflaster, weil sein erster Fang einer seiner Finger ist.

Die Hauptsache ist jedoch: Liebling hat jetzt ne Angel.









Ratlos fragt er sich, für was das ganze Zubehör wohl sein soll, einzig das Glöckchen ergibt Sinn. Da Angeln aber ein leiser Sport ist, will er dieses nicht verwenden - die Fische könnten ja erschreckt werden. Ja nee – is klar…

Die Hauptsache ist jedoch: Liebling hat jetzt ne Angel.



Innerhalb kürzerster Zeit schafft er es, die Angelschnur total zu verwirren und stellt fest, dass alles falsch eingefädelt ist. Jetzt kommt die Schere zum Einsatz: Haken, Fliege, Bleikugeln und Schwimmer werden kurzerhand abgeschnitten und die Einfädelei beginnt von vorne. O-Ton Liebling: „Bis ich zum angeln komme, habe ich keine Schnur mehr.“

Die Hauptsache ist jedoch: Liebling hat jetzt ne Angel.

Vielleicht ist es besser, wenn er gar nicht erst so weit kommt: vor meinem geistigen Auge sehe ich, dass er beim Auswerfen den Haken im Ohr hat, gleich die ganze Angel ins Meer schmeißt oder höre seinen Entsetzensschrei, sollte tatsächlich ein Fisch anbeißen.

Die Hauptsache ist jedoch: Liebling hat jetzt ne Angel.

Bei der ersten Trockenübung fängt er immerhin ein Grabüschel, aber seine Ohren sind noch dran.


Beim zweiten Wurf ist die Angelschnur abgerollt... und verwirrt. Er beschließt, kein weiteres Risiko mehr einzugehen und seine wertvolle Errungenschaft bei diesem Wind erst mal zu schonen und weg zu packen.

Die Hauptsache ist jedoch: Liebling hat jetzt ne Angel.